„ICH PROBE JEDEN STUNT PERSÖNLICH“

SECHS FRAGEN AN … WENDY HESKETH-OGILVIE

Bregenz, 21.6.19. Mit ihrem Mann Jamie gründete Wendy Hesketh-Ogilvie vor zwanzig Jahren die Kompanie „Wired Aerial Theatre“, die bei Rigoletto für Akrobatik und Stunt-Auftritte zuständig ist. Als „Movement Director“ und „Artistic Stunt Director“ arbeitet sie mit insgesamt 22 „stunt performers“ und „climbers“ zusammen – und vor allem mit den anderen Künstlern.

Wie gestaltet sich Ihre Arbeit in Bregenz?
Ich bin bereits Ende Mai vor Probenbeginn hier angekommen. Bis dahin gab es für uns alles nur auf Papier, erst auf der Seebühne wurde es für uns real. Wir sind alle am Lernen. Wired Aerial Theatre macht auch eigene Produktionen, doch hier arbeiten wir mit einem Regieteam zusammen. Wir folgen seinem Rhythmus und Ideen. In diesem Fall habe ich viele andere organisatorische Aufgaben, sodass ich selbst nicht auf der Bühne stehen kann – was ich am liebsten täte (lacht). Doch bevor die Mitglieder meiner Kompanie loslegen, probe ich jeden Stunt persönlich.

Bei Rigoletto sind ja nicht nur die Spezialisten als Stuntmen und -women gefragt …
Das stimmt, vor allem die drei Gilda-Darstellerinnen. Daher achte ich sehr darauf, dass sie keine Angst bekommen. Denn sobald sie Angst hätten, könnten sie nicht mehr richtig atmen und singen.

Also geht es bei Ihrer Arbeit auch um Psychologie.
Absolut. Es geht darum, sie mental auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Zum Glück sind die Gilda-Sängerinnen starke, unabhängige Frauen und dazu einsatzfreudig. Das gefällt mir sehr. Dabei ist diese Figur anfangs naiv, unschuldig angelegt. Im Laufe der Oper wird sie immer mutiger, was man auch an den Stunt-Einsätzen sieht. 

In welchen Höhen bewegen sich eigentlich die Stunt-Profis?
Der höchste Punkt des Clownkopfes befindet sich in 28 Metern Höhe, beim Ballon sind es sogar 45 Meter. Dort sind sie im Einsatz.

Gab es ein spezielles Casting für Rigoletto?
Ja, wir hatten drei Castings in Liverpool, London und hier auf der Werkstattbühne. Die Oper spielt in einem Zirkus-Setting. Daher wollten wir eine große Bandbreite von Zirkus-Fähigkeiten, wie Jonglieren oder Feuerspucken, abdecken. Gleichzeitig mussten die Kandidaten in der Lage sein, mit Kletterausrüstung gut umgehen und Stunts ausführen zu können. Philipp Stölzl geht es darum, verschiedene Fertigkeiten zusammenzubringen. So soll etwas entstehen, das man zuvor noch nie gesehen hat. Dieser Anspruch ist das, wofür Jamie und ich leben.

Was zeichnet für Sie die Arbeit bei den Bregenzer Festspielen aus?
Es ist unvergleichlich, hier zu arbeiten – geradezu unwirklich. Die Dimensionen sind so enorm, und dabei funktionieren die Abläufe ungewöhnlich effizient. Das merken wir vor allem immer wieder in der Zusammenarbeit mit Michael Csar (dem Künstlerischen Produktionsleiter, Anm. d. Red.). Er ist unser wichtigster Ansprechpartner, wir nennen ihn „Mr. Wonderful“. Offene Fragen klärt er innerhalb von Stunden – das gibt es nur hier.